„Dieser Artikel bezieht sich auf der einen Seite auf die Eltern im „klassischen“ Sinn, d. h. Menschen mit Kindern. Auf der anderen Seite auf Lehrer, also Menschen mit Schülern, man denke an die Bezeichnung „Sifu“. Und drittens an die Kräfte, die die persönliche und kollektive Evolution aufrecht erhalten.“
Mit der Geburt eines Kindes werden Frau und Mann zu Eltern. Das ist eine grundlegende Änderung im Leben. Es ist nicht nur, dass ab jetzt ein Kind in der Welt ist. Es hat sich etwas Grundlegendes geändert. Sie sind ab nun verantwortlich für einen Menschen, der durch sie in die Welt gekommen ist. Sie haben etwas in die Zukunft weitergegeben. Sie müssen sich nun auch gegenseitig anders sehen und betrachten in Bezug auf diesen Menschen. Eine hohe Verantwortung ist damit verbunden. Diese Verantwortung ist nicht nur materieller Natur.
Was gebe ich dem Kind mit und womit statte ich dieses Kind aus, damit es den Herausforderungen seiner Zeit gerecht werden kann? Bin ich in der Lage, mich von meinen Erwartungen loszusagen? Bin ich in der Lage, mich altersgerecht in Schritten von dem heranwachsenden Kind zu lösen und es in die Freiheit seines Lebens zu entlassen? Bin ich in der Lage, es nicht als Schutzschild vor der Welt zu verwenden? Bin ich in der Lage zu verhindern, meine Ängste und Annahmen über das Leben von dem Kind fern zu halten? Bin ich in der Lage, es vor den ideologischen Sprüngen meiner eigenen Anschauungen zu bewahren? Erlaube ich ihm, seinen eigenen Weg zu gehen, oder versuche ich es auf meine eigene Weltsicht zu konditionieren? Was habe ich selber über das Leben gelernt, das nicht von der Mode einer Zeit, oder einer Ideologie, oder einer Religion bestimmt wird? Was habe ich durch eigene Erkenntnis und Einsicht von den Hintergründen des Lebens verstanden? Was habe ich über die Menschen und ihren Umgang miteinander gelernt, das nicht von der Zeit, sondern vom Charakter der Menschen abhängt. Was muss es über die Tricks und die Macken der Menschen unbedingt wissen? Kann ich die Welt, die ich gerne haben möchte, von der Welt unterscheiden, in der wir wirklich leben? Kann ich die Strömungen der Zeit erkennen?
Relevant für das Kind ist nicht das was jetzt ist, sondern was morgen sein wird. Lebe ich selbst das, was ich sage und behaupte? Kinder lernen durch das was wir tun, nicht durch das was wir sagen. Bin ich ein lebendiger Widerspruch? Wenn man sich das so durchliest, dann erkennt man, welche Verantwortung dem Elternsein innewohnt, welches Risiko und welche Chance auf menschliches Wachstum Kinder bedeuten.
Was sind Eltern?
Die Eltern geben mit der Zeugung etwas von sich weiter. Sie reichen bildlich ausgedrückt die Fackel weiter. Sie erweitern die Kette der Generationen in die Zukunft. Auch der Akt der Zeugung hat damit sehr viel zu tun, da er dem Kind Vitalität verleiht. Diese Vitalität ist die Kraft, die die Basis für alles ist. Ab dem Moment wo ein Mann und eine Frau ein Kind in die Welt gesetzt haben, haben sie auch eine neue Funktionsrolle in ihrem Leben bekommen: Eltern. Das verändert die Welt und auf einer gewissen Ebene auch die Beziehung. Dessen sollte man sich bewusst. sein.
Ein Kind ist nicht nur etwas dazu bekommen, wie ein Ding, es ist etwas hergeben von sich selbst.
Was ist die Elternrolle?
Eltern sind die Gärtner ihrer Kinder. Sie könne schwache kaum lebensfähige Pflanzen großziehen oder Bonsais, Pflanzen die an Herausforderungen und Schwierigkeit wachsen. Gleichzeitig sind die Kinder der Spiegel ihrer Eltern. An ihren Kindern können sie ihre eignen Unzulänglichkeiten erkennen.
Eine neue Beziehungsrolle?
Für viele Beziehungen werden Kinder zum Desaster. Die Männer und Frauen beginnen das Interesse an ihrem Partner zu verlieren, sie sind jetzt nur noch Papa und Mamma. Sie schaffen sich keine Freiräume als Mann und Frau. Sie sorgen nicht für die Aufmerksamkeit, die erwachsene Menschen auch als Frau und Mann brauchen. Sie kommen mit der Komplexität verschiedener Funktionsrollen bezogen auf einen Menschen nicht zurecht. Man hat sie darauf nicht vorbereitet und sie hatten keine Vorbilder, an denen sie das lernten. Sie haben nie gelernt, dass Beziehung kein idealisierter statischer Zustand ist, sondern ein sich erweiternder Wachstumsprozess.
Unterschied zwischen Freunden und Eltern?
Eltern erfüllen auch nicht die Funktion von Freunden für ihre Kinder. Dabei wird heutzutage auch nicht die Funktion eines Freundes und einer Bekanntschaft verwechselt. Sie sind die Eltern und die Eltern haben die Aufgabe als Eltern präsent zu sein und nicht als Bekanntschaft oder Freundschaft. Elternschaft geht über Freundschaft hinaus und Freunde wurden nicht von mir in die Welt gesetzt. Freunde und Bekannte sucht sich das Kind selbst, die Eltern nicht.
Was geben Eltern ihren Kindern in der Regel mit?
Eltern übertragen auf ihre Kinder ihre Glaubenssätze, ihre Ängste, ihre Beschränkungen, den Glauben von dem was sie für möglich halten und ein Menschen- und Weltbild. Nicht durch das was sie sagen, sondern durch das was sie tun und leben und sie übertragen auf ihre Kinder die Art, wie sie sich bewegen und wie sie mit Schwierigkeiten und Problemen umgehen. Die Kinder wechseln oft die äußere Form mit dem zeitgemäßen modischen Zuschnitt aber nicht den Inhalt, das darunter laufende Muster.
Womit können Eltern ihren Kindern schaden?
Man kann Kinder auf folgende Arten besonders Schaden:
1. nicht altersgemäße Grenzen
2. zu wenig Freiheit, klammern und binden
3. Tadel
4. zu viel Lob (ist wie Tadel und macht handlungsunfähig)
5. eigene Erwartungen
6. Widerspruch im eigenen Reden und Tun
7. Ideologisierung
8. Rauben der Kindheit durch Konditionierung
9. Abschieben ans Kollektiv in allen Bereichen
Warum kann das Kollektiv nicht die Verantwortung der Eltern übernehmen?
Kollektive Institutionen können immer nur im Extrembereich gegensteuern. Wie das Wort Kollektiv schon aussagt, neigen sie zu kollektiver Konditionierung und damit zur Erzeugung einer zeitgemäßen Angepasstheit, die der inneren Entwicklung eines Menschen im Leben entgegensteht. Niemand ist am Ende wirklich verantwortlich. Erziehung wird hier zu einer bürokratischen Verwaltungsaufgabe. Das ist als Notmaßnahme sicher gut, sollte aber nicht der Standard für Menschen sein. Menschen brauchen Gemeinschaft und nicht Kollektive zum Wachsen.
Menschliche Gemeinschaft entsteht aber aus der Verbreitung von Vorbild und Schaffung von Vertrauen und dazu ist ein gesundes natürliches Umfeld für das Kind die grundlegende Voraussetzung.
SALVE
Si-Fu / Si-Gung
GM Alfred Johannes Neudorfer